• Elvith Ma'for@feddit.org
    link
    fedilink
    arrow-up
    1
    ·
    edit-2
    3 hours ago

    Nachdem ich sie übersehen hatte, hatte @Linus_Torvalds@lemmy.world den Mitschnitt der Rede doch gefunden.

    Für die, die lieber lesen, hab ich die Aufzeichnung mal durch Whisper gejagt:

    Liebe Gemeinde,

    das Feuerwerk, ich habe es immer noch vor Augen, wie es vor einem Jahr über Erding und vielen anderen Orten dieser Welt aufging. Ein wahres Feuerwerk, das uns die Freude und die Hoffnung zum Ausdruck bringen soll. Ein Feuerwerk, in dem Lichter am Himmel erstrahlten und den Menschen die entsprechende Freude bereiteten. Und wie viel Gutes war nicht im vergangenen Jahr, was uns begleitet hat. Ich hoffe zumindest, dass auch Sie wunderschöne Erfahrungen machen durften, Erfahrungen, die neue Hoffnung und Zuversicht zu geben vermochten. Es war die Hoffnung, dass Menschen ins Leben kommen. Es war die Hoffnung und die Freude, vielleicht an der einen oder anderen Partnerschaft und Hochzeit. Es war die Freude, die vielen ein Lächeln über das Gesicht zauberte, etwa angesichts der Olympiade in Paris.

    Viele andere Freuden, so hoffe ich, begleiteten dieses Jahr. Teilweise erwartet und teilweise unerwartet. Es war auch eine große Freude, in meinen Augen zu sehen, wie etwa beim Hochwasser Menschen anderen halfen. Und es gab zum Ausdruck, dass Menschen bereit sind, die Not anderer zu sehen, ihnen zur Seite zu stehen, ihnen aufzuhelfen, ihre Hilfe anzubieten und damit Kraft und Hoffnung zu verleihen. Und dennoch gab es auch genügend in diesem Jahr, was mich nachdenklich macht und was mir auch Sorgen bereitet. Denn das Feuerwerk, das bei uns den Himmel erhellte, es war ganz anders gestaltet, etwa im Kosovo, wo nicht die Feuerwerkskörper hochschließen in den Raum und in den Himmel, sondern Bomben herunterfielen. Bomben, die Menschen zerstören sollten, Bomben, die Menschen klein machen sollten, Bomben, die einem anderen zur Macht verhelfen soll, auf Kosten von anderen Menschen. Und auch an diesen Weihnachten war keine Ruhe, von Weihnachtsfrieden nicht die Rede.

    Zerstörung und Spaltung, sie werden damit angezeigt, auch im Nahen Osten und an vielen anderen Städten dieser Erde. Und vielen bereitet dies Verzweiflung, Ohnmacht, Sorge und Angst. Die Zerstörung, die Bomben bringen, sie gönnen auch wir und müssen auch wir immer wieder vernehmen. Es sind zwar nicht die Bomben, die Häuser zersprengen, aber vielfach Worte und Handlungsweisen, die bei Menschen etwas zerstören, die bei Menschen etwas kaputt machen, die Menschen klein machen wollen und entzweien.

    Da denke ich etwa zu Beginn dieses Jahres, als die Nachricht kam von einem Geheimtreffen in Potsdam, als von Remigration die Rede war. Als davon die Rede war, Menschen, die Ausländer sind, eher aus dem Deutschland auszuweisen und hinaus zu befördern. Nach dem Motto, sie haben hier keinen Platz, wir wollen unter uns sein und unter uns bleiben. Jenes Wort, das einst positiv besetzt war, denn Remigration heißt im Grunde genommen, Menschen Hilfe anzubieten, damit sie zu Hause wieder sein können und eine Bleibe finden. Es wurde dann eher negativ. Und so war es ja auch nicht ganz unversehens, dass dies auch zum Unwort des Jahres erklärt wurde.

    Und dennoch wollten und werden auch weiterhin zahlreich in unserer Gesellschaft von Remigration sprechen, Menschen ins Abseits stellen, Menschen ins Ausstellen. Für mich umso erfreulicher, wie viele Menschen aufstanden. Aufstanden, um dagegen anzutreten. Aufstanden, um für Demokratie sich einzusetzen. Für das Recht der Menschen, für das Menschenrecht und die Anerkennung eines jeden Menschen. Für das, was wirklich Demokratie ausmacht, nämlich die Gestaltung des eigenen wie des gesellschaftlichen Lebens. Sich einbringen können mit dem, was mich betrifft, mit dem, wer ich bin.

    Und dies alles in Anerkennung des anderen, auch anderer Meinungen. Und dennoch, in der ganzen Welt ist immer wieder zu spüren und zu erfahren, wie sehr dieses Anliegen in meinen Augen eher mit Füßen getreten wird. Da denke ich etwa auch an die Wahl in Amerika, in der Trump aufstand, andere niedermachte, Lügen verbreitete, vielfach mit Worten, bei denen ich eins auf den Mund bekommen hätte, in die Öffentlichkeit tritt, Menschen verächtlich macht und sich selbst mehr oder weniger krönt und oben hinstellt. Im Glauben, er wisse alles, er könne alles und die anderen haben nach seiner Pfeife zu tanzen. Er war Gewinner dieser Wahl. Mein Bruder, der in Amerika lebt und meine Schwägerin haben sich ernsthaft überlegt, ob sie nicht Amerika verlassen sollen. Meine Schwägerin ist Amerikanerin. Sie bleiben und dennoch ist es für sie und viele andere eine große Sorge, weil sie die Spaltung in einem Land spüren, die ein Mann mit seinen Anhängern verursacht hat.

    Ich stelle manchmal die Frage, ob er denn wirklich ein Demokrat ist oder eher ein Autokrat mit ihm wohlgefälligen Klakören, die er braucht. Und wir haben es ja auch bei seiner letzten Amtszeit erlebt. Wer ihm nicht passte, der war schnell ins Aus befördert. Er wollte und er will offensichtlich jene, die ihm zuapplaudieren, die ihm zunicken und all das machen, was er sagt. Es ist eine Gemeinsamkeit von Autokraten, egal welcher Richtung, dass sie sich lieber über Menschen stellen und andere herabwürdigen, als dass sie wirklich darum bemüht sind, um ein Miteinander.

    Und manchmal geben sie sich selbst sogar ein christliches Mäntelchen. Doch denke ich mir oftmals, ist es nicht ein Feigenblatt, das sie sich vor Augen stellen? Offengesagt, ich fühle mich da in meinem christlichen Glauben und Anliegen nicht wirklich ernst genommen. Sondern er benutzt.

    Und wir haben schließlich auch vor wenigen Tagen erst dieses schreckliche, diesen schrecklichen Anschlag auf Magdeburg zu beklagen. Mit fünf Toten und rund 200 Verletzten. Nicht zu vergessen, jene, die verletzt wurden an ihrer Seele und unter Umständen Zeit ihres Lebens darunter leiden. Viele Menschen solidarisierten sich mit ihnen. Sie hielten die Sprachlosigkeit aus. Die Wut, die Sorge, die Trauer.

    Andere, 3500, stellten sich gleichzeitig auch hin, wollten auch für dies eintreten. Doch unter dem Mäntlichen des Mitgefühls ließen sie es eher zu einer Wahlveranstaltung zu verkommen, denn wirklich zu einem Mitgefühl. Und wenn dann eine Alice Weidel sich hinstellt und von Mensch, von Islamisten spricht, dann hat sie offensichtlich die Nachrichten nicht vernommen. Denn der Täter war ein klarer und deutlicher Befürworter der AfD, war ein erklärter Gegner des Islam und vieles andere. Hier wurde die Trauer von Menschen mit Füßen getreten und damit ein Spaltkeil gesetzt, wiederum zwischen Familien, zwischen Menschen. Und jene, die die Plakate groß aufhielten und dann schrien Ausländer raus, die möchte ich daran erinnern, wie viele Terroranschläge und Attentate in unserem Lande auch durch Deutsche waren.

    Ob es etwa der Terror der RAF war, ob es der Terror der NSU war oder auch das Attentat in Halle auf eine Synagoge. Es sind nicht nur Ausländer. Es sind Menschen, die ideologisch verbrämt sind, Menschen, die wirklich die Würde anderer Menschen nicht anerkennen und so zu Verbrechern, zu Schwerverbrechern und Mördern werden. Aber es sind nicht automatisch Ausländer, die dies werden.

    Und wenn eine Alice Weidel und viele andere dies in entsprechender Weise umnützen, so werden sie auf ihre Weise zu Verbrechern. Zu Verbrechern an unserer Gesellschaft, zu Verbrechern an jenen Menschen, die hier als Gäste sind und vielfach ja auch wissen, wie sie sich aufführen müssen und auch vielfach dankbar sind über die Möglichkeit, hier zu sein.

    Wenn dann, wie gesagt, es heißt Ausländer raus, dann erinnere ich mich sorgenvoll an jene Zeit vor knapp 100 Jahren, an denen auch pauschal, wenn auch mit anderen Worten rausgesprochen wurde. Da hieß es halt nicht Ausländer raus, sondern Juden raus. So wird Hass gestreut, Hass der Menschen entzweit, Hass der Menschen ins Unglück stürzt, Hass, der andere über andere zu erheben versucht. Gleichzeitig merke ich auch, wie der Ton in Politik und Gesellschaft immer despektierlicher wird und herabwürdigender.

    Auch da werden Menschen zerstört, werden Menschen herabdenunziert, werden Menschen klein gemacht, werden Menschen an den Boden geworfen. So hat es mich auch persönlich sehr gefreut, als ich vor wenigen Tagen vernommen habe, wie sehr bei allen Kämpfen rings um die Wählergunst die großen demokratischen Parteien sich zusammengetan haben und vereinbart haben, sie wollen einen Wahlkampf machen ohne Herabwürdigung. Einen Wahlkampf, der nicht andere denunziert und klein macht, sondern der sie dazu veranlasst, ihre eigenen Anliegen hervorzubringen, das, was sie glauben, besser machen zu können, auch in entsprechender Weise deutlich zu machen, aber dies ohne andere Menschen wiederum zu denunzieren und zu klein zu machen.

    Und ich erinnere mich auch am Anfang des Jahres an den Tod von Alexei Nawalny, einem Opfer diktatorischer Verfolgung. Einem Opfer, der symbolisch und zeichenhaft dasteht für viele andere, die zu Opfern gemacht werden, weil andere sich über sie erheben, weil andere keinen anderen Ausweg sehen in ihrer Argumentation, als sie mundtot zu machen und klein zu kriegen. So wie es etwa damals auch war bei Jesus Christus.

    • Elvith Ma'for@feddit.org
      link
      fedilink
      arrow-up
      1
      ·
      3 hours ago

      Denn wer das Leben Jesu verfolgt und deutlich vor Augen sich führt, wird feststellen, dass er auch er einer war, der immer wieder für die Menschenwürde eingetreten hat, für das, was den Menschen ausmacht, für die Liebe, in der Gott den Menschen erschaffen hat, dass er dafür aber auch letztlich sein Leben ließ, weil andere vielleicht Angst vernommen haben und gespürt haben. Sie könnten ihre Macht verlieren, sie könnten nicht mehr die sein, die über andere bestimmen, sondern sie müssten auch einmal zuhören und so für andere handeln und nicht gegen andere. Mein Blick geht weiter an die Synode in Rom. Jene Synode, die vielleicht viele von Ihnen auch mitverfolgt haben, die mit zahlreichen Hoffnungen verbunden war. Die Hoffnung etwa, dass endlich das Priestertum der Frau möglich wäre, die Hoffnung, dass das Zölibat aufgehoben wird, die Hoffnung, dass deutlich gesagt wird, die Segnung von Homosexuellen ist möglich und wird sogar begrüßt und viele andere.

      Nun sind die Ergebnisse zwar ziemlich hinter diesen Erwartungen zurückgeblieben und dennoch hat die Synode angezeigt, was es auch bedeuten kann, miteinander zu ringen um das, was für Kirche, für Gesellschaft und Glaubende positiv und gut ist. Auch da gab es verschiedene Meinungen und auch da gab es durchaus Streitereien. Es hat mir jemand erzählt, der auf der Synode als Mitglied war, das auch einst ein Kardinal gemeint hat, über das Thema Frau in der Kirche brauchen wir nicht zu reden, Papst hat beschlossen. Es erhob ein großes Geschrei sich und letztlich steht im Dokument dann drin, dass diese Frage auch weiterhin im Blick genommen werden muss und nicht ein für alle Mal die Türen geschlossen werden müssen. Wer dieses Dokument liest, wird entdecken, dass in einem großen Ringen miteinander versucht wurde, auch Menschen ernst zu nehmen. Menschen, Gläubige wie sie, Gläubige wie viele andere, im Getauften liegt das, was uns als Gemeinschaft ausmacht.

      Und so geht es auch darum, die Gaben zu sehen, die jede und jede Einzelne hat, sie zu würdigen und sie gleichsam auch in Klang bringen zu können. Es geht darum, Menschen, die Kirche gestalten und miteinander ausmachen, gemeinsam die Möglichkeit zu geben, ihnen ihren Platz einzunehmen und aus ihrem Vermögen heraus zu gestalten und einzutreten für diese Kirche. Es gibt ganz verschiedene Hintergründe und es gibt ganz verschiedene Meinungen und auch verschiedene Glaubensrichtungen. Und doch ist dieser eine Geist, der dort in der Synode offensichtlich geweht hat, das, was uns vereint. und das, was auch Türen öffnet, Türen öffnet in ein weiteres Leben und in eine weitere Hoffnung.

      So bleibt auch für mich ganz persönlich die Hoffnung, dass wirklich die Frage der Frau in der Kirche nicht abgeschlossen ist, dass die Frau auch immer mehr an Erkennung findet in dieser Kirche auch immer mehr zu sagen hat. Und vielleicht erlebe ich es doch noch, dass auch Frauen zum Priester, zur Priesterin geweiht werden. Es gäbe sicherlich noch sehr vieles zu sagen, am Positiven wie am Nachdenklichen. Das eine, wie gesagt, ist das, was mich nach wie vor quält und bewegt. Die Frage, wie es gehen könnte, dass wirklich wieder Menschen zueinander finden und dass wir gemeinsam miteinander nach Lösungen suchen, die die Probleme unseres Alltags, unserer Gesellschaft und unserer Welt mitbringen. Dass wir Egoismus überwinden und hinschauen auf das, was wirklich zum Leben führt. Eine Möglichkeit ist sicherlich, wenn wir auch das ernst nehmen, was wir in der Lesung vernommen haben, wo Paulus uns vor Augen führt am Beispiel eines Körpers, was es heißt, miteinander zu sein und zueinander zu gehören.

      Ganz verschieden. Das Auge ist wieder ganz anders gestaltet wie die Hand oder der Fuß und doch alles braucht es. So sind ja auch wir Menschen ganz verschieden gestaltet, ganz verschieden ausgestaltet und alle werden wir gebraucht. Alle, weil Gott uns so auch geschaffen hat und so auch in seiner Liebe begleitet. So ist meine ganz persönliche Hoffnung für dieses neue Jahr, dass wir all die Spaltungen überwinden können, dass unsere Wahl Anfang des Jahres auch gut über die Bühne geht. Und mit gut meine ich jetzt nicht den Fokus auf eine spezielle Partei, sondern gut in Würde und einem entsprechenden Miteinander.

      Und so habe ich die Hoffnung letztlich für unsere Kirche wie für die gesamte Bevölkerung und die ganze Welt, dass wir künftig nicht noch mehr Spalter und Herrschaftssüchtige Gehör finden, sondern Menschen, die die Würde des Anderen ebenso achten wie die eigene. Mögen die Egoisten, die über andere herrschen und sie versuchen, beherrschen, nicht die Oberhand gewinnen, sondern wahre Demokraten, die zuhören und auf dem Hintergrund des Gehörten nach bestem Wissen und G Gewissen handeln. Und möge schließlich und endlich auch in unserer Kirche ein neuer Geist lebendig werden und bleiben. Ein Geist, der unabhängig ist von Amt und Geschlechtern, der alle Glieder respektiert und alle ernst nimmt. Möge in diesem Jahr uns auch sein Licht leuchten, dazu Kraft und Hoffnung geben, dass auch wir immer wieder zu dem beitragen, was uns möglich ist, damit, wie gesagt, nicht die Spaltung Oberhand gewinnt, sondern das Bauen von Brücken und das Zueinander.