Quelle: https://www.tagesspiegel.de/berlin/mit-millionen-vom-bund-gefordertes-vorzeigeprojekt-berliner-senat-stoppt-umbau-des-halleschen-ufers-zur-promenade-10712134.html (€)

Der Berliner Senat stoppt den vom Bund geförderten Umbau des Halleschen Ufers zu einer reinen Promenade für Fußgänger und Radfahrer. Die Erfolgsaussichten des Projekts seien aufgrund noch ungeklärter verkehrlicher Fragen „gering“, heißt es in einem Brief von Verkehrsstaatssekretärin Claudia Elif Stutz (CDU) an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

„Im Lichte der zu erwartenden hohen Personal- und Ressourcenbindung bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich dieses Verfahren nicht einleiten werde und darum bitte, das Projekt ‚Umgestaltung des Halleschen Ufers‘ nicht weiter zu verfolgen“, schreibt Stutz weiter.

Der Bezirk verfolgt seit 2019 die komplette Umgestaltung des Halleschen Ufers. Dafür soll die Straße auf der nördlichen Seite des Landwehrkanals auf einem 1,7 Kilometer langen Abschnitt zwischen Kulturforum und Urbanhafen vollständig zurückgebaut werden.

Breite Uferpromenade statt Straße am Halleschen Ufer Stattdessen soll auf der Fläche ein neuer Grünzug entstehen. Eine breite Uferpromenade, größtenteils entsiegelt, mit Wegen für Fußgänger und Radfahrer. Der Autoverkehr würde hingegen in beide Richtungen nur noch über die südlich des Landwehrkanals geführte Straße Tempelhofer Ufer geführt werden – so die Vision.

Auch die Bundesregierung war von dieser Idee angetan. Das Vorhaben wurde 2022 im Rahmen der „Nationalen Projekte des Städtebaus“ ausgezeichnet und vom Bund aus diesem Investitionsprogramm für „zukunftsweisenden“ Stadtumbau, wie es auf dessen Internetseite heißt, mit 2,95 Millionen Euro an Fördermitteln versehen. Daraus wird nach der Absage der Verkehrsverwaltung nun offenbar nichts.

Es müsse gewährleistet sein, dass „leistungsfähige Hauptverkehrsstraßen für die Versorgung und Erreichbarkeit in der Stadt weiterhin zur Verfügung stehen“, heißt es im Brief der Verkehrsstaatssekretärin. Insbesondere dürfe der Verkehr durch solche Maßnahmen nicht in die Wohnkieze gedrängt werden.

Verkehrsstaatssekretärin sieht Probleme für den Verkehr Stutz verweist auch darauf, dass das Hallesche Ufer Teil der Bundesstraße B96 ist. „Die Herausnahme des Teilabschnitts der B 96 im relevanten Bereich wäre somit verbunden mit einem zwingenden, bisher nicht erkennbaren anderweitigen Netzschluss.“ Das Tempelhofer Ufer lässt sie diesbezüglich unerwähnt.

Dafür geht die Staatssekretärin aus dem Haus von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) darauf ein, dass die Strecke zum Berliner Großraum- und Schwertransportroutennetz gehört und sich im Vorrangnetz für den Busverkehr befindet. Ob alternative Routen dafür genutzt werden könnten, müsse geprüft werden.

Eine Umgestaltung des Halleschen Ufers bedürfe daher der „umfassenden Untersuchung einer verkehrlichen Machbarkeit“ sowie einiger Nachweise, „die sehr aufwendig und schwerlich bzw. kaum ohne erhebliche andere nachteilige Aspekte vorstellbar sind“, schließt Stutz. Insbesondere wären eine Reihe „voraussichtlich langjähriger und wenig erfolgversprechender Abstimmungen mit dem Bund“ nötig.

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) kann die Absage nicht nachvollziehen. „Der schwarz-rote Senat betreibt ideologisch die Autopolitik des letzten Jahrhunderts und verhindert so eine grüne Oase am Landwehrkanal.“

Erst vor einem halben Jahr habe man den Förderbescheid erhalten. Nun stoppe „ausgerechnet die Senatsverwaltung für Klimaschutz und Umwelt dieses Projekt für klimagerechte Transformation in der Innenstadt und sorgt so dafür, dass Fördergelder zu verfallen drohen.“ Der Landesregierung scheine es jedoch weiterhin wichtiger zu sein, „den Status Quo beim motorisierten Verkehr in der Stadt aufrechtzuerhalten“.

Der Stopp des ausgezeichneten Projekts durch die Verkehrsverwaltung könnte auch noch für Ärger im Senat selbst sorgen. Denn überreicht wurde der Förderbescheid in Millionenhöhe im April von der heutigen Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), damals noch parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium. Das Vorhaben zeige „beispielhaft, wie wir unsere Stadt umgestalten können und müssen“, sagte sie damals.