Trotz 30.000 Toten in Gaza fehlt der deutschen Politik Empathie, beklagt Jules El-Khatib. Der Soziologe und Ex-Linken-Sprecher in NRW schaut im Gespräch mit IPPEN.MEDIA kritisch auf Regierung und Medien.

  • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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    9 months ago

    Der von dir verlinkte Kommentar ist eine Antwort auf diesen Kommentar https://uebermedien.de/90248/die-deutsche-berichterstattung-zum-nahostkrieg-setzt-meine-glaubwuerdigkeit-als-reporter-aufs-spiel/ der ebenso Beispiele für krass pro israelische Berichterstattung bringt.

    Ich kann dir dazu auchs ehr die letzten Folgen vom Aufwachen podcast empfehlen. Da wird systematisch Vergleichen und Herausgearbeitet, wo deutsche Medien weniger, garnicht, oder nur einseitig berichten, verglichen mit amerikanischen und britischen Medien.

    https://www.youtube.com/watch?v=wgEBkXbHj1M
    https://www.youtube.com/watch?v=9tAnkaHuYjQ
    https://www.youtube.com/watch?v=E8ByU4-JIEA

    Wenn sich z.B. deutsche Journalisten von der IDF zu vermeintlichen Bunkern und Krankenhäusern führen lassen, dabei aber nicht erwähnen, dass ihnen verboten wurde, mit ihren Handys die Position zu Orten, oder immer nur in Tel Aviv Meinungen eingeholt werden, wenn man sich sofort ohen Beweise auf UNRWA einschießt und nicht mal auf die Idee kommt, dass die Veröffentlichung der (weiter unbelegeten) Anschuldigungen unmittelbar auf das IGH Urteil gegen Israel folgt, dann wird ziemlich deutlich, dass es einen krassen pro-israel bias gibt.

    Zu dem von dir verlinktem Kommentar muss ich festhalten, dass dieser polemisch, latent rassistisch und z.T. auch einfach falsch ist.

    No Jews, no news

    Die Erzählung der doppelten Standards westlicher Journalist:innen, die La Marcas Artikel beklagt, ließe sich ebenso gut (und ich würde sogar sagen, noch viel besser) umgekehrt erzählen: Im Gegensatz zu den Kriegstoten in Gaza, über die jeden Tag ausführlich berichtet wird, sind andere Konflikte ohne israelische (sprich: jüdische) Beteiligung gänzlich uninteressant.

    Die Todeszahlen im jemenitischen Bürgerkrieg sind ebenfalls sechsstellig. Wo waren die weltweiten Demonstrationen, wo die Wut und der Zorn auf europäischen Straßen? In syrischen Bürgerkrieg, der immerhin eine Weile lang Aufmerksamkeit erfuhr, waren Palästinenser:innen eine der größten Opfergruppen. Das hinderte den Diktator und Schlächter Baschar al-Assad nicht daran, kürzlich bei der Arabischen Liga den Frontrunner in Sachen Palästina-Solidarität zu geben. Die Aufmerksamkeit für die noch immer täglich in Syrien verübten Verbrechen dagegen? Liegt nahezu bei null.

    Dabei wird komplett ausgeblendet, dass Deutschland Israel massiv politisch, finanziell und militärisch unterstüzt. Es wird ausgeblendet, dass die Berichterstattung über die israelische Besatzung vor dem 07. Oktober in Deutschland kaum vorhanden war. Es wird ausgeblendet, dass die besondere Aufmerksamkeit mit dem 07. Oktober begonnen hat, und der Überfall der Hamas zu Recht ins Rampenlicht kam. Nur hat sich Israel anschließend in diesem Rampenlicht so mies verhalten, dass jetzt die Stimmung umschlägt. Und das trotz der unausgewogenen und häufig schmerzhaft parteiischen deutschen Berichterstattung.

    Es wird ausgeblendet, dass die geringe Berichterstattung über Jemen im Sinne Israels ist, die mit Saudi Arabien unde den USA gegen den Iran kämpfen. Weiter wird dabei vom Autor ausgeblendet, dass er selbst Teil des Systems ist, dass Israel in den deutschen Medien viel Aufmerksamkeit gibt, und Ländern wie Äthiopen und Jemen praktisch gar keine. Es wird ausgeblendet, dass der ÖR bewusst wenig über Jemen berichtet hat, weil Deutschland Saudi Arabien dabei unterstützt in Jemen Kriegsverbrechen mit deutschen Waffen zu begehen. Es wird ausgeblendet, dass die Berichterstattung über Syrien sehr lange und sehr detailliert war, bis der Westen akzeptiert hat, dass sie Assad nicht stürzen werden können.

    Man könnte diese Position auch so verstehen, dass der Autor deines Artikels sagt: “Warum könenn wir die Palästinenser nicht einfach genauso ignorieren wie alle anderen Menschen, die wir missachten und verachten, solange es unserer außenpolitischen Linie entspricht?”

    Insbesondere müsste der Autor nach seiner eigenen Logik “wenig Todeszahlen -> wenig Berichte” auch die deutsche Berichterstattung über den 07. Oktober massiv kritisieren, weil 1.200 Tote nunmal viel weniger als 100.000 Tote sind. Diese offensichtliche Doppelmoral scheint ihn aber nicht weiter zu stören.